Sehr geehrter Herr Bürgermeister Menz,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,
vor allem aber: liebe Bürgerinnen und Bürger,
manchmal lohnt es sich, über den Tellerrand zu schauen, in diesem Fall konkret einen Blick in das östlich von uns gelegene Bundesland Bayern zu werfen.
Artikel 125 der bayerischen Landesverfassung heißt: „Kinder sind das köstlichste Gut eines jeden Volkes“.
Daraus folgt zweierlei: Mehr als der Superlativ „köstlichst“ geht gar nicht, d.h. Kinder stehen, was ihre Wichtigkeit und Bedeutung angeht, ganz oben, also auf Platz 1 und „eines jeden Volkes“ kann nur heißen: Das gilt nicht nur in Bayern, sondern überall.
Dem zitierten Programmsatz der bayerischen Verfassung wird wohl jeder zustimmen können, aber – Sie ahnen es – : Das Ganze hat einen Haken. Kinder kosten Geld, und zwar nicht nur ihre Eltern, sondern auch den Bund, die Länder und die Kommunen. Oder anders ausgedrückt: Das Wohl und die Sorge um unsere Kinder gibt es nicht zum Nulltarif,
Nun zu den einzelnen Spielplätzen und ich will mit dem einfachsten Fall anfangen, dem Spielplatz Haldenweg. Wir freuen uns sehr über die Kehrtwende der Verwaltung, die nunmehr diesen Spielplatz, wenn auch niederschwellig, erhalten will. Diesem beabsichtigten Vorhaben schließen wir uns gerne an.
Jetzt zu den Spielplätzen Nelly-Sachs-Straße 1-5 und Nelly-Sachs-Straße 25-35. Wir, insbesondere ich, haben uns sehr schwer getan, der Auflösung dieser Spielplätze zuzustimmen. Weshalb? Es sind Spielplätze für Kleinkinder, die von vielen Kindern leicht erreicht werden konnten. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Anmerkung zu der Feststellung in der Sitzungsvorlage, dass öffentliche Spielplätze in einem Umkreis von 500 Metern vorhanden sein sollen, was einer Gehzeit von etwa 10 Minuten bei langsamer Gangart entspreche. Wenn man das umrechnet, kommt man auf eine Gehgeschwindigkeit von 3 Stundenkilometern – bei Kleinkindern. Das halte ich gelinde gesagt für realitätsfern und zwar schon deshalb, weil man eben gerade nicht davon ausgehen kann, dass Kinder schnurstracks und zielstrebig von einem Ort zum andern marschieren. Nein, da wird angehalten, etwas unter die Lupe genommen, getrödelt – und das soll auch so sein.
Schweren Herzens stimmen wir also der Auflösung der beiden genannten Spielplätze zu, sind aber entschieden der Auffassung, dass die entsprechenden Flächen weder veräußert noch zur Anlage von Stellplätzen genutzt werden dürfen. Stellplätze kosten schon beim Herstellen Geld, sie verursachen Folgekosten. Und außerdem, das ist das Wichtigste, verhindern sie, ebenso wie ein Verkauf, die Anpassung an künftige Entwicklungen. Derzeit ist ein Generationenwechsel rund um die beiden genannten Spielplätze zu beobachten, mit anderen Worten: Die Erstbezieher der Häuser und Wohnungen versterben oder gehen in Pflegeeinrichtungen; die ersten Familien ziehen an ihrer Stelle ein.
Wir stimmen daher dem in dem Beschlussantrag Nr. 2 enthaltenen Freibrief für die Verwaltung, die ohne nähere Präzisierung mit der Umnutzung der Flächen beauftragt werden soll, in dieser Form nicht zu. Wir beantragen statt dessen, dass ausdrücklich festgelegt wird, dass die beiden genannten Flächen als Grünflächen erhalten bleiben.
Wir haben also – auf dem Altar des Kompromisses – die beiden Spielplätze in der Nelly-Sachs-Straße geopfert. Umso mehr und umso vehementer setzen wir uns für den Erhalt des Spielplatzes in der Ingeborg-Bachmann-Straße ein.
Dazu hat die Verwaltung zwei Varianten vorgelegt. Die Variante 2 sieht vor, den bestehenden Spielplatz zu teilen in ein Grundstück im Umfang von 435 qm, das verkauft werden soll, und einen Rest-Spielplatz mit ca. 600 qm. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich nicht auf die einzelnen Positionen eingehen, mit denen ein Gewinn von ca. 97 000 Euro errechnet wurde. Diese Gewinnberechnung geht u.a. von einem Verkaufserlös aus, bei dem der qm-Preis 510 Euro beträgt. Der Bodenrichtwert links und rechts neben dem Spielplatz liegt bei einer zweigeschossigen Bebauung bei 390 Euro. Darum geht es aber nicht in erster Linie.
In erster Linie geht es uns um die Vorstellung, dass wegen eines kurzfristig erzielbaren Gewinns ein Spielplatz in einen Bauplatz umgewandelt werden soll. Das halten wir für eine nicht mehr nachvollziehbare Denkweise und eine Lösung, die unter keinen denkbaren Gesichtspunkten vertretbar ist. Der angedachte Rumpfspielplatz kann auch nicht annähernd die Funktion übernehmen, die der Spielplatz jetzt hat. Er ist insbesondere für Jugendliche der einzige Spielplatz in diesem Wohngebiet. In den Sitzungsvorlagen für den Gemeinderat am 28. Januar und für den Ehrenstein-Klingenstein-Ausschuss am 15. Mai diesen Jahres wird er noch als Spielplatz für 8 bis 14jährige bezeichnet, jetzt ist es einer für die Altersklasse 0 bis 12 Jahre. Darauf wird es aber nicht ankommen: Maßgeblich kann doch nur sein, von wem der Spielplatz tatsächlich genutzt wird.
Zudem liegt der Spielplatz – der Herr Bürgermeister hat dies in der Sitzung des Ehrenstein-Klingenstein-Ausschusses im Mai deutlich hervorgehoben – in einer Frischluftschneise, die bei einer Bebauung unwiederbringlich zerstört würde.
Für uns kommt daher nur die Variante 1, also die vollständige Aufrechterhaltung des Spielplatzes auf der bisherigen Fläche, in Frage.
Ich danke Ihnen.
Rudolf Michel-Glöckler
Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen in Blaustein
(es gilt das gesprochene Wort)
Anm.: Bei der folgenden Abstimmung wurde Variante 1 einstimmig beschlossen.