Rede zum Haushalt 2025 im Kreistag des Alb-Donau-Kreises

Taschenrechner mit Bargeld
© Bru-no, Pixabay

Sehr geehrter Herr Landrat Scheffold,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Gremium,
sehr geehrte Frau Dr. Flohr, sehr geehrte Dezernenten,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes,
sehr geehrte Gäste,
sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,

beginnen wollen wir mit einem Dank an Sie, Herr Landrat Scheffold, und an Sie, Herr Müller und Frau Bicker, mit ihrem Team für die profunde Aufstellung des Haushaltsentwurfs.

Das Geld wird knapp und wir müssen die Gürtel absehbar enger schnallen. Protektionistische Tendenzen vor allem in den USA, die Belastungen durch den Ukrainekrieg, die Konflikte in Nahost, aber auch die deutlich sichtbaren Auswirkungen durch den Klimawandel verunsichern Wirtschaft und Gesellschaft. Problematisch sind verschiedene Gewaltexzesse im Vorfeld der Europa- und Kommunalwahlen, die den gesellschaftlichen Dialog und die demokratische Auseinandersetzung um die besten Lösungen massiv gefährden.

Dennoch: Es geht nicht nur darum, Pflichtaufgaben abzuarbeiten, sondern auch darum, zu gestalten und auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet zu sein. Gesamtpolitisch positiv ist, dass der Industriestrompreis zwischenzeitlich auf den Wert von 2017 abgesunken ist, was der deutschen Wirtschaft wieder Luft in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit verschafft. Positiv ist auch, dass die Inflation nach dem enormen Anstieg infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine wieder um 2 % pendelt. Positiv ist auch, dass die gesamtgesellschaftliche Arbeitsleitung im vergangenen Jahr so hoch war wie nie zuvor in der deutschen Geschichte.

Nach wie vor ist der Alb-Donau-Kreis lebenswert und er begegnet den Herausforderungen konstruktiv und vorausschauend. Das soll auch in Zukunft so bleiben.

Die globalen Herausforderungen erfordern auch lokales Handeln: Dieses Jahr wird mit 1,55° erstmalig ein Temperaturanstieg im Vergleich zum vorindustriellen Niveau über dem Pariser 1,5°-Ziel erwartet. Wer den Klimawandel immer noch leugnet, verrät die Zukunft unserer Kinder und Enkel.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien im Alb-Donau-Kreis voranschreitet und dass das Ausbaupotential kalkulatorisch eine energetische Autarkie ermöglicht. Geradezu genial ist der Solaratlas als solide Grundlage für Bürgerinnen und Bürger. Die regionale Flächenausweisung für Windenergie ist wichtige Grundlage für den Ausbau der Windenergie-Nutzung. Genügend klimaneutrale Energie ist wiederum Basis für die grüne Wasserstoffstrategie als Möglichkeit zur Energiespeicherung und für die Energieversorgung der Industrie- und Verkehrsprojekte, die eine hohe Energiedichte erfordern.

Absehbar steigt der CO2-Preis deutlich an, weil die Energiewende zu zögerlich voranschreitet. Das verbleibende CO2-Budget wird schneller aufgebraucht als geplant. Wir halten die zeitnahe Umstellung auf Heizsysteme, die unabhängig von fossilen Brennstoffen sind, für dringlich und notwendig: als energietechnisch beste Lösung erweist sich zunehmend die Luft-Wärme-Pumpe oder je nach Ort auch die Wasser-Wärme-Pumpe.

Das Zauberwort für energiepolitische Entscheidungen ist „Energieeffizienz“: Wenn ich weiß, dass die Glühbirne nur 5 % Effizienz bei der Lichtausbeute hat, die LED-Leuchte 35 %, ist der Weg klar. Wenn ich weiß, dass nur 40 – 60 % der eingesetzten Energie in konventionellen Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke als Strom nutzbar ist und der Rest als Abwärme verpufft, PV und Wind zu 100 % Strom produzieren und keine Abwärme, ist die Entscheidung eindeutig. Wenn ich weiß, dass ein Verbrenner-Kraftfahrzeug nur ca. 25 % der eingesetzten Energie in Bewegungsenergie umsetzt, ein E-Fahrzeug dagegen 75 %, muss jedem einleuchten, dass E-Fahrzeuge effizienter mit Energie umgehen und zudem Lärm und Luftverschmutzung mindern. Wenn ich weiß, dass eine Luft-Wärme-Pumpe eine Wärmeeffizienz von 300 % im Vergleich zur eingesetzten Primärenergie hat, ist jede Neuinvestition oder notwendige Ersatzinvestition in konventionelle Wärmesysteme irrational.

Diese Logik sollte für Privatinvestitionen genauso gelten wie für öffentliche Investitionen, denn es geht um langfristige Entscheidungen und vorausschauendes Sparen. Wir bitten, alle Investitionsentscheidungen unseres Kreises unter dieser Logik zu beleuchten, selbst wenn die Anfangsinvestition im Einzelfall höher sein mag. Dies gilt für die Erweiterung des Landratsamtes genauso wie für Schulsanierungen, Neuinvestitionen im kreiseigenen Fuhrpark oder im ÖPNV.

In diesem Zusammenhang ist zu begrüßen, dass die EnBW ihren Weg zur Klimaneutralität weitergeht und strategisch bestens für die Zukunft aufgestellt ist. Die energiepolitisch richtigen Entscheidungen der Vergangenheit verhelfen uns zu einer spürbaren Entlastung im Kreishaushalt. Auch für die kommenden Jahre sind Ausschüttungen vorgesehen, selbst wenn der Investitionsbedarf des drittgrößten Energieunternehmens in unserem Lande enorm und eine Kapitalerhöhung in Planung ist.

Die Müllentsorgung im Landkreis läuft, kleinere Fragestellungen müssen nachjustiert werden, die nötigen Investitionsentscheidungen z.B. in das Entsorgungszentrum Langenau tragen wir mit. Die größte Herausforderung ist die Planung und Umsetzung einer regionalen Biomüllvergärungsanlage, so dass eine stoffliche und energetische Verwertung des Biomülls stattfindet. Die Daten zeigen, dass dadurch ungefähr 5-mal mehr Energie genutzt werden kann als für das Einsammeln aufgewendet wird.

Das größte Straßenbauprojekt in den nächsten Jahren wird die Sonderbucher Steige sein. Ansonsten muss die funktionale Sanierung des Kreisstraßennetzes genügen. Die Entscheidung, dass die Kreisstraße von Schmiechen nach Hütten im Bestand saniert wird, ist sinnvoll und angemessen.

Wir sind dankbar für die konstruktive und Kriterien-geleitete Diskussion im Rahmen des Kreisradwegeplans. Dieser ist eine gute Grundlage, die Radinfrastruktur einschließlich Radabstellmöglichkeiten, Ladepunkte, Beschilderung usw. zu verbessern und weiter auszubauen. Wir bitten die Städte und Gemeinden ausdrücklich, auch die innerörtlichen Verbindungen sicher und durchgängig zu gestalten, denn 91 % der Radunfälle geschehen innerorts, gleichwohl die außerörtlichen Unfälle ungleich schwerwiegender sind.

Auch bei der Mobilität gilt: Das Fahrrad ist das mit Abstand effizienteste Verkehrsmittel und es ist deshalb wesentlicher Baustein für eine zukunftsfähige Mobilität.

Ein guter ÖPNV kostet Geld, aber er ist notwendig als Teil einer ökologischen Transformation der Mobilität und er garantiert die Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in allen Teilen unseres Landkreises. Orte ohne ÖPNV sind für junge Familien nicht attraktiv. Ziel muss es sein, Linienführungen effizienter zu organisieren und vielleicht einzelne Linien als On-Demand-Verkehr zu gestalten. Ziel muss es auch sein, weitere externe Mittel für den ÖPNV aufzutun und durch gute Qualität und offensive Öffentlichkeitsarbeit die Fahrgastzahlen weiter zu erhöhen. Die Diskussion um den künftigen Nahverkehrsplan weist in die richtige Richtung.

Der Ausbau des Glasfasernetzes geht Schritt für Schritt voran und das ist gut so für die Wirtschaft und für die Menschen im ländlichen Raum. Herzlichen Dank Ihnen, Herr Landrat Scheffold, für Ihren zielgerichteten Einsatz und allen anderen Beteiligten.

Die Kombination aus „Bildung und Nachhaltigkeit“ setzt die richtigen Akzente für die Zukunft: Die bisherigen wissenschaftlichen Auswertungen in verschiedenen Schulen unseres Kreises zeigen jedoch, dass der Gedanke der Nachhaltigkeit noch nicht in erwünschtem Maße im Bewusstsein der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler verankert ist. Um diese Auswertungen zu vertiefen und Konsequenzen zu ziehen, bieten die Studien unserer ehemaligen Kreisrätin Frau Prof. Dr. Kühl eine gute Grundlage.

Wir unterstützen ausdrücklich die Nachhaltigkeitsstrategie unseres Landkreises und erwarten viele handlungsorientierte Detailmaßnahmen im Rahmen des Handlungs- und Diskussionsprozesses.

Der Klimawandel macht auch vor der Waldbewirtschaftung und der Landwirtschaft nicht Halt: Die Frage ist, welche Auswirkungen sind durch Starkregen und durch Hitze und Trockenphasen zu erwarten und wie kann die Art der Land- und Waldbewirtschaftung Probleme abfedern, um Ernteeinbußen und finanzielle Auswirkungen zu minimieren. Eine Diskussion über diese Fragen ist nötig und sinnvoll. Vielleicht lässt sich in diesem Rahmen auch dem Verlust der Artenvielfalt auf bewirtschafteten Landflächen begegnen.

Der Anstieg der Sozialkosten ist enorm, allerdings hat der Landkreis hier nur wenig Handlungsspielraum, denn hier ist die Bundesgesetzgebung verpflichtend. Wir vertreten ausdrücklich die Meinung, dass alle Menschen das Recht auf eine gute Fürsorge und soziale Teilhabe haben, um ein Leben in Würde führen zu können. Wir wollen eine Sozialpolitik mit menschlichem Gesicht. Wir wollen eine Sozialpolitik mit ethischen Grundsätzen auf Basis unserer christlich-humanistischen Tradition.

Natürlich kann man die Diskussion über ausufernde Standards führen. Wir müssen aber auch eine Diskussion darüber führen, wie wir durch vorbeugende ambulante Maßnahmen die deutlich kostenträchtigeren stationären Maßnahmen vermeiden können, zumal ohnehin die künftige Versorgung mit Betreuungs- und Pflegekräften angesichts der Demographie in den Sternen steht.

Ein massiver Fachkräftemangel ist nicht nur in unseren Krankenhäusern und in unseren Pflegeeinrichtungen augenscheinlich, auch die Verwaltungen, das Handwerk, die ambulante Medizin, der Dienstleistungssektor und viele Industrie- und Verarbeitungsbereiche lechzen nach Arbeitskräften. Man beachte: Die jetzigen Probleme sind erst der Anfang. Die demographische Entwicklung führt dazu, dass in den nächsten 10 Jahren durchschnittlich über 300.000 Menschen mehr das Rentenalter erreichen als junge Menschen ins Berufsleben eintreten. Um diese Misere abzufedern, brauchen Deutschland und insbesondere die wirtschaftlich erfolgreichen Regionen eine enorme Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte. Dazu weitere Daten: Migranten sind in der Regel jung und mitten in der Leistungsphase ihres Lebens. In Summe zahlen sie mehr in unsere Staats- und Sozialsysteme ein als sie davon profitieren. Der Anstieg der Migration steigert das durchschnittliche Einkommen der deutschen Bevölkerung, weil Menschen mit Migrationshintergrund häufig die Arbeiten übernehmen, die finanziell weniger attraktiv sind, oft mit schweren Arbeitsbedingungen. Wer arbeitet im Gaststättengewerbe? Wer bedient Fertigungsmaschinen im Schichtdienst? Wer arbeitet als Reinigungskraft oder als Erntehelfer? Die Regionen in Deutschland sind die wirtschaftlich erfolgreichsten, die den höchsten Migrationsanteil haben. Im Übrigen: die USA, eine der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen der Erde, besteht zu 99 % aus Migranten, ähnlich Kanada, Australien und andere Staaten.

Weltweit ist ein Wettlauf um junge gut ausgebildete Arbeitskräfte im Gange, denn alle großen Wirtschaftsnationen haben ein demographisch bedingtes Defizit an jungen Arbeitskräften. Wer keine Zuwanderung will und eine ausländerfeindliche Stimmung anheizt, setzt die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands aufs Spiel.

Wir wünschen uns einen respektvollen Umgang mit den Geflüchteten, selbst wenn sie von vielen primär als unerwünschte Zuwanderung bezeichnet werden und vorübergehend Kosten verursachen, solange sie nicht arbeiten dürfen und in Gemeinschaftseinrichtungen kaserniert sind. Je früher diese Menschen in das Arbeitsleben eingegliedert werden können, desto besser ist es für unsere Sozialausgaben und die Integration dieser Menschen, die aus purer Not ihre Heimat verlassen haben und hier eine neue Zukunft aufbauen wollen. Auch „unerwünschte“ Migranten können und sollen produktive Mitglieder unserer Gesellschaft werden, sofern nicht stichhaltige Abschiebungsgründe vorliegen. Die Abschiebung von integrierten Geflüchteten jedoch ist volkswirtschaftlicher Unsinn und eine unbillige menschliche Härte. Integration ist eine gemeinsame Aufgabe und wir brauchen den Willen zur Integration. Wir brauchen den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch mit den Geflüchteten. Herzlichen Dank in diesem Zusammenhang an das Team im Landratsamt und auch an alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer.

Die bundespolitisch angepeilten Veränderungen in der Krankenhauslandschaft werfen ihre Schatten voraus. Damit das Alb-Donau-Klinikum eine langfristige Zukunft hat, muss Ehingen die Notfallstufe II und Blaubeuren die Notfallstufe I erreichen. Langenau hat als rheumatologische Fachklinik Bestand. Mehr geht nicht. Wir danken dem neuen Klinikgeschäftsführer Herrn Mord ausdrücklich, dass er gemeinsam mit allen anderen Verantwortlichen des Klinikums diesen Weg zielgerichtet angeht und gleichzeitig auch Sparpotentiale hebt. Wir sehen das Klinikum auf einem guten Weg. Mit den neuen politischen Vorgaben gilt es, Planung und Bau einer neuen Klinik in Ehingen zügig anzugehen. Wir unterstützen diesen Weg ausdrücklich.

Das Geld wird knapp in den nächsten Jahren. Eine gründliche Auseinandersetzung über sinnvolle Ausgaben und mögliche Einsparpotentiale ist nötig und anberaumt. Vor rund 20 Jahren war der Landkreis im Rahmen der Verwaltungsreform hinsichtlich einer sogenannten Effizienzrendite erheblich gefordert. Auch heute stellt sich wieder die Frage der Aufgabenkritik und der Standards. Alle Einsparungen müssen jedoch so gestaltet werden, dass der Landkreis nicht nur die elementaren Pflichtaufgaben erfüllt, sondern auch die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft aktiv gestaltet.

Dem Anstieg des Kreisumlage-Hebesatzes werden wir zustimmen, selbst wenn dies eine Belastung für Städte und Gemeinden bedeutet.

Abschließend danken wir Ihnen, Herr Landrat Scheffold, für die wertschätzende, kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit, wir danken allen Dezernentinnen und Dezernenten und Fachdienstleitungen sowie allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre qualitativ hochwertige und engagierte Arbeit. Wir danken Ihnen Herr Mord, Herr Dahlmann und Frau Rist und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr Engagement in den Krankenhäusern und Pflegeheimen und den anverwandten Einrichtungen. 

Eine offene Diskussion zeugt von einer lebendigen demokratischen Willensbildung. Wir danken für die konstruktive Zusammenarbeit, den kollegialen und den wertschätzenden Umgang im Gremium.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien angenehme Weihnachtsfeiertage und wir wünschen Ihnen und Ihren Familien bereits jetzt einen von Zuversicht und Gestaltungswillen getragenen Wechsel ins neue Jahr 2025. 

Wir werden dem Haushalt zustimmen.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Dr. Robert Jungwirth

Es gilt das gesprochene Wort!

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